Hm, gibt es das überhaupt, den richtigen Bildausschnitt? Das endgültig zu beantworten ist eigentlich unmöglich, da „richtig“ von so vielem abhängt. Deshalb formuliere ich die Frage lieber um und komme der Sache so näher. Wie finde ich einen guten Bildausschnitt?

Ein guter Bildausschnitt hat einen klaren Fokus; er ist ein harmonischer Zusammenklang, ein interessantes Zusammenspiel oder ein starker Kontrast der Elemente eines Bildes und bildet damit eine Komposition.

Jedes Bild, jede Zeichnung, jeder Urban Sketch ist ein Bildausschnitt einer größeren Szene (aber nicht unbedingt eine Komposition). Es gibt gute, mittelmäßige und schlechte Bildausschnitte; aber eigentlich ist alles relativ und selbst unter den scheinbar schlechten Bildausschnitten gibt es manchmal sogar besonders interessante … Es kommt halt darauf an, was du mit deiner Kunst oder deinem Bild vorhast.

Auch wenn es dir nicht bewusst ist, du wählst immer einen Bildausschnitt. Du hast eine Entscheidung getroffen, sobald du Elemente auf dem Blatt oder der Leinwand positionierst. Ob es ein guter Bildausschnitt ist, kannst du beurteilen, wenn du dich ein wenig mit Komposition beschäftigst.

    Wie kommst du in deiner Kunst oder beim Urban Sketching vom zufälligen Bildausschnitt zur Komposition?

    Kommen dir diese Fragen bekannt vor?

    • Fällt es dir manchmal schwer, beim Zeichnen eine Szene zu fokussieren?
    • Bist du nicht sicher, wo du den sogenannten ‘Point of Interest’ in einem Bild setzen sollst?
    • Empfindest du deine Kompositionen manchmal wahllos?
    • Sitzen deine Zeichnungen manchmal einfach nur in der Mitte des Blattes?

    Das geht nicht nur dir so … Gerade beim Urban Sketching werden Bildausschnitte oder Szenen meist eher intuitiv gewählt. Vielleicht hast du dich sogar schon mit den gängigsten Kompositions-Regeln beschäftigt, sie aber in der tatsächlichen Anwendung dann oft vergessen?

    Das Wissen um die Theorie hilft natürlich, führt aber nicht immer zu besseren Zeichnungen. Hier ist aus meiner Sicht manchmal weniger mehr und die Umsetzung erst mal wichtiger als tiefreichendes Wissen. Aber nochmal kurz zurück zur Frage nach dem richtigen Bildausschnitt …

    Sie ist eine der Fragen zur Komposition, die mir immer wieder begegnen:

    • Wie finde ich denn nun den „richtigen“ Bildausschnitt?
    • Soll ich besser ein Hoch- oder Querformat wählen?
    • Wo setze ich den Fokus in meinem Bild?

    Was machst du also, wenn du dir (noch) nicht sicher bist? (direkte Antworten auf diese drei Fragen findest du weiter unten)

    Es gibt trotz der tatsächlich vorhandenen Freiheit bestimmte Linien, denen du folgen kannst (oder Leitplanken, die dich auf der Spur halten). Dies sind sogenannte Kompositions-Regeln oder -Prinzipien.

    Mit kleinen Skizzen, Experimenten und Studien lege ich immer mal wieder einen Fokus auf Komposition. Hierbei wende ich verschiedene Kompositionsprinzipien an. Die Kompositions-Skizzen kannst du hier sehen: 100-Tage-Projekt →

    Neben meiner praktischen Arbeit im Atelier, dem Komponieren von Bildern und Zeichnungen habe ich einiges an Theorie zur Komposition gelesen. Unterschiedliche Autoren nähern sich über verschiedene Konzepte dem Thema.

    Aber es zeigt sich, dass bestimmte Regeln häufiger auftauchen als andere. Vielleicht sind sie gefälliger, vielleicht aber auch einfacher oder intuitiver anzuwenden. Ich möchte dir eine der am häufigsten besprochenen Regeln, die sogenannte Drittel Regel (englisch: rule of thirds), kurz vorstellen, da sie sehr einfach zu erfassen und leicht zu merken ist.

    Kompositions-Regel: die Drittel Regel (oder Rule of Thirds)

    Die Drittel-Regel ist wohl das meistgenannte Prinzip. Von dieser Regel hast du sicher auch schon gehört, wahrscheinlich hast du sie auch schon angewendet.

    Sie besagt, dass man eine Szene, ein Bild in Drittel einteilen kann, horizontal und vertikal. Dadurch ergibt sich ein Raster mit vier Kreuzungspunkten.

    Laut der Regel positionierst du wichtige Dinge bzw. Bildelemente im Bild an einem (oder mehreren) dieser Kreuzungspunkte und/oder entlang der Linien. Durch die Aufteilung des Bildes in ein und zwei Drittel entsteht eine stärkere Spannung als z.B. durch eine zentrale Positionierung (oder mittige Teilung, oft gesehen bei einem mittig gesetzten Horizont).

    Das Bild zeigt die Kompositionsregel Rule of Thirds (Drittel-Regel)

    Bewege die Maus auf das Bild, um das Drittel-Raster zu entfernen.

    In diesem Fall liegt der Fokus auf dem Kreuzungspunkt links unten, sowie auf der unteren Drittel-Linie.

    Es geht also beim „richtigen Bildausschnitt“ erst einmal eher um das Umsetzen, als um das theoretische Wissen

    Je mehr Erfahrung du hast, desto einfacher wird es dir fallen, ein Bild schon mit den ersten Strichen so zu beginnen, dass der Bildausschnitt stimmt und dass du Kompositionsregeln (wie die Drittel-Regel) beachtest.

    Soweit so gut. Wie gesagt, die Theorie zu kennen ist schon mal sinnvoll. In der Praxis fällt es doch schon mal schwer, den Bildbereich auszuwählen.

    Es gibt aber ein Hilfsmittel, mit dem man Bildausschnitte ganz einfach bestimmen kann: den Bild- oder Kompositions-Sucher (oder in englisch: Viewfinder).

    Damit du (und ich ;^)) die Drittel-Regel ganz einfach anwenden kannst, habe ich einen Bildsucher mit einem Drittel-Raster entwickelt. Du schaust einfach durch den Sucher mit dem Raster und kannst den Fokus (und damit den Bildausschnitt) direkt wählen.

    Eine Vorlage zum Ausdrucken und die Anleitung stelle ich meinen Newsletter Abonnenten kostenlos zur Verfügung. Mit dieser Anleitung kannst du einen Kompositions-Sucher (Viewfinder) ohne Stress und eigenes Abmessen basteln.

    Ich habe die PDF-Anleitung für den Bildsucher mit Drittel-Raster mit vier Erklärvideos ergänzt. Hier ist der Link, falls du interessiert bist: Anmeldung und Download →

    DIY Bildsucher:
    einen  Viewfinder basteln, um Kompositionen zu suchen
    (mit Videoanleitung)

    Hand hält einen Viewfinder

    Drei Fragen zu Komposition

    … und mögliche Antworten. Wenn du einen Bildsucher verwendest, bist du auf einem guten Weg, um einen guten Bildausschnitt bzw. eine gute Komposition zu finden:

    Wie finde ich nun den richtigen Bildausschnitt?
    Halte den Bild-Sucher in verschiedenen Abständen zum Auge. Damit wählst du den Ausschnitt und die Größe deines Fokus-Elements im Gesamtbild.

    Wähle ich besser ein Hoch- oder Querformat?
    Drehe den Bildsucher, um die Formate miteinander zu vergleichen. Dabei merkst du, welche Elemente du betonen möchtest: sind die Senkrechten wichtiger, wählst du am besten ein Hochformat. Wenn die Horizontalen in deinem Bildausschnitt hervorheben möchtest, ist das Querformat eine gute Wahl.

    Wohin lege ich den Fokus in einem Bild?
    Verwende den Bildsucher/Viewfinder mit Drittel Raster: positioniere wichtige Bildelemente in einem Kreuzungspunkt oder lehne wichtige Linien an den Rasterlinien an. Aber auch damit kann man spielen. Es gibt immer die Ausnahme von der Regel!

    Noch ein Tipp (wenn du häufig dein Smartphone nutzt, um einen Bildausschnitt zu wählen):

    Ist dir das auch schon mal aufgefallen? Wenn man eine Szene mit dem Smartphone fotografiert, entspricht das Foto einfach nicht dem, was man gesehen hat. Unser Auge kann einfach besser fokussieren. Wir reduzieren unser Blickfeld auf das, was uns interessiert, alles drumherum blenden wir aus. Für eine Smartphone-Kamera ist alles gleich wichtig. Deshalb zeigt sie viel mehr, als wir vorher wahrgenommen haben.

    Foto mit Bildausschnitt (Industrie Mainz Weisenau von Anne Nilges)

    Bildausschnitt wählen

    Gouache des Bildausschnitts

    Mein Tipp für die Kompositionsfindung

    Wenn du eine Szene mit dem Viewfinder ausgewählt hast, fotografiere dies mit dem Smartphone (also mit dem Viewfinder!). Damit zeigt der Ausschnitt nur das, was in die Komposition gehört und nicht alles weitere drumherum.

    Wenn du den Fokus der Kamera vorher fixierst (beim iPhone: den gelben Rahmen dort länger gedrückt halten, wo du die Schärfe haben möchtest), stellt die Kamera nicht auf den Viewfinder scharf, sondern bleibt auf das fokussiert, was du durch das Sichtfenster siehst.

    Nutze das in deinen Bildern!

    Ich gebe gerade zwei Kurse bei boesner bei dem wir auch die Wahl des Bildausschnitts besprechen bzw. Kompositionsregeln anwenden.

    Workshop ‚Urbanes Grün + Grau in Mixed Media‘

    In diesem Kurs suchen wir die Kontraste zwischen Natur und Architektur.

    locker zeichnen auf Lanzarote

    Neben dem inhaltlichen Fokus beschäftigen wir uns mit Farben, Tonwerten und Kompositionen. In diesem Kurs kannst du dein Verständnis von Farben vertiefen und deine Fähigkeiten im Umgang mit Komposition verbessern.

    Mehr Info zum Kurs hier auf meiner Seite: Link zur Kursbeschreibung

    Workshop ‚Sehen mit dem Stift: locker skizzieren‘

    Bei diesem Kurs stehen mentales Loslassen und Spaß am lockeren Skizzieren im Vordergrund.

    Kursbild: Locker skizzieren

    Mit einfachen und kurzweiligen Übungen lernst du verschiedene Methoden, mit denen du Szenen, Bildausschnitte oder Objekte einfach erfassen kannst.

    Mehr Info zum Kurs hier auf meiner Seite: Link zur Kursbeschreibung

    Meine Kurse bei Kurse bei boesner

    5 Tipps für’s lockere Zeichnen
    So wirst du locker beim Zeichnen

    Möchtest Du entspannt zeichnen?

    Lade dir mein Worksheet mit fünf einfachen Tipps, die dir helfen, dein Denken und damit deinen Strich zu lockern.

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